Über uns in der Presse

Artikel aus: Mannheimer Morgen vom 25. Februar 1998

Paradiesvögel und Kanaken
Ausstellung: Kunst gegen Rassismus in Mannheim

„Bekennen Sie Farbe, setzen Sie Ihre Einstellung zum Rassismus künstlerisch um!“ So die Ausschreibung des Künstlerwettbewerbs „Kunst gegen Rassismus in Deutschland“ 1997, im europäischen Anti-Rassismus-Jahr. Die Mannheimer Gruppe „Die Unmündigen e.V.“ wandte sich gemeinsam mit dem Forum der Jugend und dem Mannheimer Kunstverein an Künstler der Region, und nun sind 10 Werke, die von einer Jury bewertet und prämiert wurden, im Foyer des Kunstvereins ausgestellt. Mit dem ersten Preis wurde Ayhan Yazgan für seine Comic-Reihe ausgezeichnet., der zweite Preis ging Mareile Franziska Martin, die mit einer Installation vertreten ist, den dritten Preis erhielt Metin Korucu für eine Fotoserie.

Rassismus ist nichts Exotisches, sondern etwas Alltägliches, das in jedem von uns stecke, so Dr. Martin Stather, künstlerischer Leiter des Kunstvereins, in seiner Eröffnungsrede. Die Comic-Reihe, für die Ayhan Yazgan ausgezeichnet wurde, projiziert die gegenwärtigen Zustände in eine noch düstere Zukunft, zeigt den Einwanderer als Ausgebeuteten und Unterdrückten. „Deutsche, die in andere Länder auswandern, sind Glücksritter, Paradiesvögel oder Abenteurer. Menschen, die nach Deutschland kommen, sind Kanaken“, lautet hier das Zitat.

Die Installation „Moving message oder die Menschenrechte“ von Mareile Martin zeigt einen vergitterten Kasten, in dem eine fortlaufende Leuchtschrift, durch verschiedene Siegelstücke reflektiert, den Text der Menschenrechtsartikel wiedergibt. Zu entziffern sind nur Wortfetzen, (Ver-)Satzstücke. Gleichzeitig hören wir den Text, vorgelesen von einer Taubstummen, vom Band. Ohne Betonung vorgetragen, weder zu erkennen noch zu verstehen, verliert er zweifach seinen Sinn: Die Menschenrechte werden in der Realität nur bruchstückhaft umgesetzt.

Die Fotoreihe Metin Korucus zeigt einen Mannheimer Hinterhof, in dem trotz bunter Wäsche auf der Leine Idylle nie einen Platz hatte: Antennenschüsseln drängen sich auf dem Dach, dann die Reihe der Mülleimer, ein leerer Spielplatz. Bemerkenswert auch die Arbeit Artur Kurkowkis: Sechs Leinwände, zu einem Ganzen zusammengefügt, zeigen eine Tür. Hinter den Scheiben Menschen, eine Frau mit Kopftuch, erschrocken und blaß, eine Gestalt auf einer Pritsche.

Die Objekte dieser Ausstellung sind eindringlich, berührend, nachdenklich stimmend, uns so sind, zumindest im Ansatz, Ziel und Zweck der Veranstaltung erreicht. Man muß jedoch befürchten, dass die Ausstellung im Kunstverein nur von Menschen gesehen wird, die für solche Probleme ohnehin schon sensibilisiert sind.
Beatrice H. Burkart


Artikel Artikel aus: Die Rheinpfalz vom 26. Februar 1998

Schwieriger Umgang mit der politischen Kunst

Mannheimer Kunstverein zeigt ausgewählte Arbeiten des Wettbewerbs „Kunst gegen Rassismus“

„Kunst gegen Rassismus in Deutschland“ - das ist eine sicher gute Sache. Im November vergangenen Jahres hatte der Kunstverein in Mannheim zu diesem Thema einen künstlerischen Wettbewerb ausgeschrieben. Die drei besten Arbeiten sollten prämiert und ausgestellt werden. Jetzt ist die Ausstellung im Foyer des Kunstvereins zu sehen. Sie umfaßt zehn Arbeiten, die aus 35 eingesandten Werken zum Thema ausgewählt wurden. Zwei davon stammten von den Mannheimer Künstlern Mareile Martin und Walter Stallwitz; die Installation wurde mit dem zweiten Preis ausgezeichnet.

Der Bezirksverband Bildender Künstler Mannheim-Heidelberg steht hinter dem Wettbewerbsprojekt und begleitet die Ausstellung mit einem Schüler-Workshop in seinen Werkstätten im Kulturzentrum Alte Hauptfeuerwache. Was darin erarbeitet wird, soll Teil der Wanderausstellung „Wer wenn nicht wir? - Schülerbilder gegen Gewalt und Rassismus“ werden. Die in Ludwigshafen lebende Künstlerin Silvia Izi hat dieses Ausstellungsprojekt im Jahre 1992 initiiert und betreut seither die ständige Erweiterung. Zur Zeit sind bundesweit 150 Schulen mit mehreren Tausend Arbeiten an dem Anti-Rassismus-Projekt beteiligt.

35 Wettbewerbsteilnehmer und nun zehn Arbeiten im Mannheimer Kunstverein nehmen sich neben solchen Zahlen eher dünne aus. Aber Schülerbilder sind etwas anderes als Kunstobjekte. „Wir tun uns in Deutschland schwer mit politischer Kunst“, sagt Werner Marx zur Einführung. Es gab davon reichlich in den siebziger Jahren, aber sie gehört kaum zu den herausragenden bildkünstlerischen Leistungen des Jahrzehnts. Einer Kunst gegen oder für etwas haftet etwas Schlagwortartiges an. Schlagworte sind immer verkürzt und vereinfacht, von Kunst erwartet man zu Recht, daß sie vertieft und umfassend sei. Die gute Absicht sollte nicht zum Gradmesser für die Qualität eines Kunstwerks gemacht werden. Daher die Schwierigkeiten mit politischer Kunst, die ihre Höhepunkte zumeist im angewandten Bereich von Karikatur und Plakat hat. Nur selten erreicht eine politisch motivierte Kunst solche Tiefe und Allgemeingültigkeit wie Goyas berühmte Radierzyklen.

Der erste und dritte Preisträger des Mannheimer Wettbewerbs artikulieren mehr im Sinn von Karikatur und Dokumentation als von Kunst. Ayhan Yazgan zeigt einen gut gezeichneten, pointierten, inhaltlich etwas gleichförmig eindimensionalen Comic; Metin Korucu eine Fotosequenz mit dem Titel „J 3 Hinterhof, 30.8.97“. Eine Konfrontation zwischen einem deutschen Nachbarn und türkischen Kindern ist nur aus dem Untertitel der Arbeit ersichtlich. Die Fotos selbst wirken merkwürdig menschenleer.

Mareile Martin verwandelt einen Gitterkäfig mittels Spiegelgläsern optisch in einen Schacht, der in irritierende Tiefe zu führen scheint. In roten Digitalbuchstaben, die durch den Spiegeleffekt zerbrochen erscheinen, surrt der Text der Menschenrechte vor dem Auge des Betrachters vorbei, während er gleichzeitig von einer Taubstummen gelesen sein Ohr bedrängt. Auge und Ohr nehmen ihn deformiert wahr, ähnlich wie die Wirklichkeit humanistische Idealität zu deformieren pflegt.

Positiv stimmt das Foto von Michael Jänecke, obwohl das Restaurant „Internationale Ecke“ nur die Harmonie der Dinge zeigt. Artur Kurkoswski hat leicht schattenhaft Menschen hinter Gittern gemalt, Michael Meyer ein expressives Figurenbild, Arkin Pariltan ein informelles „Höllenfeuer“, Walter Stallwitz abstrakte „Verletzungen“, die nicht nur aggressive Stacheln, sondern verbindende Vernetzungen aufweisen. Visuell eindrucksvoll, jedoch schlecht plaziert und zu klein ist das Plakat von Nurcan Uyanik.

Uscha Rudek-Werle hat aus Fotos eine Art Bogen oder Dach gebaut. Die Fotos weisen nach innen und geben die Interieurs in Deutschland wohnender Migranten wieder. Auf die nach außen gekehrten Rückseiten haben sie Liedtexte aus ihrer Heimat geschrieben.
Heike Marx